Gesünder leben: Vater, Mutter und Tochter entspannen gemeinsam auf dem Sofa.

Gesünder Leben: Vorsätze rund um das Familienleben umsetzen

Gute Vorsätze für und mit der Familie umzusetzen, ist gar nicht so leicht. Schliesslich sollen alle mitmachen und dahinter stehen.

   Kurz und einfach

«Ich möchte gesünder leben.»
Das nennt man einen Vorsatz.
Vorsätze umsetzen ist nicht einfach.
Klare Regeln und ein Plan können dabei helfen.
Kleine Schritte bringen mehr Erfolg als riesige Ziele.
 

Gesünder leben: Mutter, Vater und Kind sitzen am Esstisch, alle mit dem Handy in der Hand. Eltern haben Vorbildfunktion für ihre Kinder, auch beim Online- und Medienkonsum. Unser Kinder- und Jugendpsychologe Urs Kiener hat drei Vorsätze ausgewählt und gibt Ihnen Tipps, wie Sie diese erfolgreich umsetzen können. 

«Ständig ist jemand online oder am Mobile zugange. Ich möchte für unsere Familie weniger Medienkonsum.» 

Wie kann man diesen Vorsatz so angehen, dass er von der Familie getragen wird?

Digitale Medien sind aus dem durchschnittlichen Schweizer Haushalt nicht mehr wegzudenken. Diskussionen um den richtigen Umgang mit ihnen gehören in vielen Familien zum Dauerbrenner. Ein sehr hoher Anteil von Kindern im Primarschulalter besitzt bereits eigene Geräte. Einerseits bringt das für die Koordination des Familienlebens viele Vorteile. Kinder und erwerbstätige Eltern können sich unkompliziert gegenseitig erreichen oder man kann mit örtlich entfernt lebenden Familienmitgliedern, etwa den Grosseltern, über Videotelefonie in Kontakt bleiben. Online-Shopping oder Online-Banking vereinfachen vielen Familien den hektischen Wochenendeinkauf oder den Gang zur Post oder Bank.

Andererseits nutzen Eltern immer häufiger mobile Geräte beruflich, auch wenn sie mit den Kindern zu Hause sind. Dies prägt die Beziehungen innerhalb von Familien ganz entscheidend. Einzelne Familienmitglieder fühlen sich etwa durch die Omnipräsenz der digitalen Medien ignoriert. Und ganz wichtig: Kinder nutzen die Medien immer nach dem Vorbild der Eltern.

Dass wir uns in unserer Familie nicht nur Gedanken über unsere Mediennutzung machen, sondern gemeinsam für alle verbindliche Regeln festlegen, ist ein entscheidender Beitrag für ein gelingendes Familienleben.

Tipps: für weniger Medienkonsum

  • Definieren Sie gemeinsam für alle Familienmitglieder verbindliche Offline-Zonen und -Zeiten: beispielsweise am Tisch während des gemeinsamen Essens, nach der Schule beim Hausaufgaben machen, am Abend im Schlafzimmer und im Kinderzimmer, im Strassenverkehr im Auto und im Bus.
  • Planen Sie einen gemeinsamen Ausflug, an welchem die ganze Familie auf die Nutzung der Smartphones verzichtet.
  • Nehmen Sie Ihre Vorbildrolle ernst: Ihr Kind beobachtet, wie Sie mit digitalen Medien umgehen und lernt daraus.
  • Begleiten Sie Ihre Kinder altersgerecht im Umgang mit digitalen Medien.

«Ich möchte mehr Familienzusammenhalt.»

Mit zunehmenden Alter verändern sich die Interessen der Kinder. Freundinnen und Freunde zu treffen wird wichtiger als Zeit mit Geschwistern oder Eltern zu verbringen. Wie kann man das Familienleben pflegen und trotzdem genügend Freiraum lassen?

Für Kinder sind die Eltern während vielen Jahren die allerwichtigsten Bezugspersonen. Kleinkinder sind vollständig von ihnen abhängig, sie können ohne sie nicht überleben. Wenn Kleinkinder allein gelassen werden bekommen sie Angst und suchen reflexartig ihre Nähe. Während der Entwicklung hin zum Jugendlichen sind Eltern in allen Bereichen die wichtigsten Vorbilder für ihre Kinder und treffen in der Regel praktisch alle wichtigen Entscheide für sie.

Mit der Pubertät setzt die Ablösung vom Elternhaus ein. Plötzlich wollen unsere Kinder selbständig Entscheidungen treffen und die Eltern nur noch in Anspruch nehmen, wenn sie überhaupt nicht darum herumkommen. Viele Eltern erleben das als Kontrollverlust. Sie haben den Eindruck, dass ihr Kind ihnen entgleitet. Dieses Gefühl ist für viele Eltern bedrohlich. Oft reagieren sie darauf mit verstärkter Regulierung und Kontrolle – was dann häufig zu Konflikten zwischen Eltern und Kindern führt.

Es ist deshalb wichtig, dass sich Eltern mit der Pubertät auseinandersetzen. Die Ablösung von den Eltern geschieht nicht aus Bösartigkeit. Seien Sie sich bewusst, dass Ihr Kind nur indem es sich ablöst, reif für eine eigene Partnerschaft wird und dazu befähigt wird, sich in die Gesellschaft zu integrieren. Nur so kann die neue Generation ihre eigenen Regeln und den eigenen Lebensstil entwickeln.

Tipps: Familienzeit und Loslassen zu kombinieren

  • Versuchen Sie, Ihren Kindern schrittweise Verantwortung und Entscheidungskompetenz anzubieten und zu übertragen, bevor sie diese von Ihnen einfordern, also idealerweise einige Zeit vor der Pubertät. Teilen Sie Ihrem Kind beispielsweise mit, dass Sie ihm die Kompetenz zutrauen, seinen Kleidereinkauf und andere Lebensbereiche – mit einem festgelegten Budget – selbständig zu bewältigen. Die meisten Kinder sind stolz über das Vertrauen, das die Eltern ihnen entgegenbringen. Und Sie werden feststellen, dass Sie trotzdem Eltern Ihrer Kinder bleiben. Meist wird die Eltern-Kind-Beziehung entspannter. Die Kinder beanspruchen mehr als zuvor Ihren Rat und Ihre Unterstützung. Auf diese Weise rutschen Sie in eine viel angenehmere Rolle: Von der Person, welche entscheidet und kontrolliert, zum Berater oder zur Beraterin.
  • Treffen Sie sich mit der ganzen Familie regelmässig, beispielsweise wöchentlich, zu einem fix geplanten Familienmeeting, an welchem Sie sämtliche Anliegen diskutieren, welche die Familienmitglieder beschäftigen. Solche Meetings sind nicht nur eine Gelegenheit, Zeit mit der ganzen Familie zu verbringen, Sie lernen auch, was Ihre Kinder beschäftigt und wie sie denken. Dieses Konzept und die Regeln, nach welchen solche Meetings zu erfolgreich durchgeführt werden, sind unter dem Begriff «Familienkonferenz» im Netz gut beschrieben.

«Ich wünsche mir mehr Zeit für mich.»

Im Familienalltag kann es manchmal ganz schön turbulent zugehen. Wie schafft man es schafft, sich selbst darüber nicht zu vergessen?

In Gesprächen mit Familien realisiere ich immer wieder, dass wichtige Zeitfresser manchmal wenig mit dem eigentlichen «Job» zu tun haben, welchen die Eltern im Familienalltag zu erfüllen haben. Wenn Eltern alles über den Kopf wächst und sie es nicht mehr schaffen, sich um sich selbst zu kümmern, spielen das Umfeld und Entwicklungen in der Gesellschaft oft eine wichtige Rolle.

Auf den dominanten Stellenwert der Bildschirmmedien sind wir bereits im ersten Punkt eingegangen. Die Möglichkeiten von digitalen Medien und Social Media erleben viele Menschen auch als Verpflichtung, fast rund um die Uhr online zu sein. Wer offline geht und seine Nachrichten nicht laufend checkt, läuft vermeintlich Gefahr, wichtige Informationen zu verpassen und abgehängt zu werden. So laufen viele ständig im digitalen Multitasking-Modus und verpassen dabei förmlich das reale, analoge Leben.

Ein weiterer Zeitfresser für Familien ist der Umgang mit der riesigen Vielfalt an Möglichkeiten, welche uns in nahezu allen Lebensbereichen offeriert wird: im Konsumgüterbereich, bei Freizeitangeboten oder in der Weiterbildung. Wenn ein Streaming-Kanal tausende von Filmen zur Auswahl bietet, macht uns dieses schier unendliche Angebot nicht glücklicher, sondern zunehmend orientierungslos. Viele zappen sich stundenlang von einem Angebot zum nächsten, ohne je einen Film gesehen zu haben. Wenn wir uns bewusst sind, dass die wichtigsten Momente im Leben eines Menschen diejenigen sind, in welchen er sich mit seinem Bewusstsein ganz im Hier und Jetzt befindet, gelingt es vielleicht besser, einen guten Umgang mit den beschriebenen Herausforderungen zu finden.

Tipps: für mehr Zeit für sich

  • Versuchen Sie, sich Klarheit darüber zu verschaffen, was Ihre wichtigsten Aufgaben sind, was Ihr Job im Rahmen des Familienalltages ist und versuchen Sie, jene Elemente zu hinterfragen auszumisten, welche nicht zwingend dazu gehören und trotzdem viel Zeit beanspruchen.
  • Nehmen Sie sich kleine Ziele vor. Wenn Sie sich zum Vorsatz nehmen, jeden Tag eine Stunde zu meditieren, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie das längere Zeit durchhalten, eher gering. Wenn Sie sich vornehmen, drei Minuten zu meditieren, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie das durchhalten sehr gross. Vielleicht erscheint Ihnen dieser Vorsatz mit der Zeit sogar etwas bescheiden und es gelingt Ihnen, die Meditationszeit auszudehnen.
  • Machen Sie beim Warten auf den Zug oder den Bus einmal nichts. Legen Sie einfach eine Pause ein.
  • Machen Sie die Zeit, welche Sie für sich wünschen, zur Routine. Am besten fest einplanen, genauso wie ein berufliches Meeting oder einen Arzttermin.